Heimatverein unterstützt historische Forschung

Der Heimatverein Lingen (Ems) verfolgt das Ziel Beiträge für die historische Forschung erstellen. Der 1. Vorsitzende und Autor Franz Josef Buchholz erstellte eine bedeutende Quelle zur emsländischen Kartographie des 17. bis 19. Jahrhunderts und zur Siedlungsgeographie. Das Niederstift Münster mit angrenzenden Territorien auf alten Landkarten, so lautet der Buchtitel. Damit wurde man der Zielsetzung des Heimatvereins Lingen (Ems) voll gerecht, wie der Leiter des Stadtarchiv Dr. Ludwig Remling anlässlich der Vorstellung des neuen Werkes im Hause der Volksbank Lingen erläuterte.

Ein schönes Buch und ein Standardwerk

Symbolisch überreichte Markus Monecke, Geschäftsführer der „media factory“ das erste Exemplar des neuen Buches an den Autor und 1. Vorsitzenden Buchholz. Das 124 Seiten starke Buch im DIN A 4 – Format in vollständigem Farbdruck besteht aus 3 Beiträgen mit insgesamt 92 Abbildungen. Die fototechnische Bearbeitung der Karten lag in der Hand von Richard Heskamp. Für eine zeitgemäße und termingerechte Fertigstellung sorgten die Lingener Unternehmen „media factory“ und „van Acken Druck“.

Sichtung historischer Karten

In seinem Beitrag wertete Buchholz die zeitgenössische Literatur aus, in der der damalige Bestand an Karten und deren Qualität aus soldatischer Sicht beurteilt wurde. Alle dort erfassten Karten, soweit sie das Niederstift Münster und die angrenzenden Territorien betreffen, sind in dem Buch abgedruckt, sodass sich ein nahezu vollständiges Bild der Kartographie des Emslandes für diese Zeit ergibt, so Dr. Ludwig Remling.

Damals gab es noch keine Navis

Navigationsgeräte sind Renner im diesjährigen Weihnachtsgeschäft, so Autor Franz Josef Buchholz in seiner Einführung. Über Satellitensignale wird heute mehrmals pro Sekunde der aktuelle Standort des Autos Meter- genau bestimmt und auf einer digitalen Karte angezeigt. Dieses moderne Anwendungssystem der Kartographie ist jedermann heute, im 21. Jahrhundert, zugänglich. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Form der Erde als Ellipsoid und ihre Abplattung erforscht.

10 DM Schein erinnert an frühe Kartographie

Das Bildnis des Mathematikers, Geographen und Kartographen Carl Friedrich Gauß auf der Vorderseite des 10,- D;M Geldscheins erinnert noch an diese Zeit. Auf der Rückseite dieses Scheins finden wir die Darstellung eines „Vice-Heliotropen“, eines Sextanten mit von Gauß zusätzlich angebauten Spiegeln. Mit diesem Gerät aus der Schifffahrt führte Gauß die Triangulation des Königreichs Hannover ab 1820 durch, zu dem auch damals das Emsland gehörte. Ein Teil des von ihm bestimmten Dreiecknetzes, das die Grundlage für die topographische Vermessung und exakte Ortsbestimmung des Gebietes in seinen Karten bildete, ist hier mit abgebildet.Früheste „zusammenhängende“ Kartenaufnahmen unserer Heimat, des Emslandes, verdanken wir der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Deutschen Reich und der jungen Französischen Republik um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. Dazu gehören die bekannten Aufnahmen von v. Lecoq sowie die Aufnahmen von Preuß für das Oberstift Münster und die Aufnahmen von Wil(c)kens für das Niederstift Münster.

Die VR-Stiftung der Volksbanken fördert

Die mit Unterstützung der VR-Stiftung der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Norddeutschland und mit Unterstützung des Heimatvereins Lingen (Ems) im Jahre 2004 für das Emslandmuseum beschafften vier Karten von Wil(c)kens,

zwei Handzeichnungen – Unikate – aus dem Jahre 1795
sowie zwei originale Kupferstiche aus dem Jahre 1796,

waren „Highlights“ der Ausstellung „Der Pauluskopf im Fadenkreuz“ im Emslandmuseum im Frühjahr 2005.

Eine kartographische Sensation

Welche kartographische Sensation sich hinter dieser Folge von Kartenblättern verbarg, wurde erst im Laufe der Zeit durch die Recherchen Buchholz deutlich. Bei seinen Forschungen zu den Karten von Wil(c)kens stieß F.J. Buchholz auf eine bislang im Emsland unbekannte Karte des Ems-Stroms aus der Zeit um 1630. Wegen ihrer überraschend hohen topographischen Genauigkeit ist diese Ems-Strom-Karte eine weitere wertvolle Informationsquelle für die Erforschung der Entwicklung des Emslandes an den beiden Strömen Ems und Hase. Sie ist ein lebendiges Lesebuch zur Geschichte des Emslandes. Zugleich ist die Ems-Strom-Karte aber auch eine mögliche weitere Quelle für die „Schlacht bei Haselünne“ von 1636.

Verkehrstechnische Situation um 1630 im Emsland

In seinem neuen Beitrag erfasst F. J. Buchholz auch die Zeitgeschichte zum Zeitpunkt des Entstehens der Karten sowie die Eingliederung des Niederstiftes Münster in die Kartenwerke der angrenzenden Territorien. So gelingt eine umfassende Darstellung des heutigen Landkreises Emsland.

Die Grafschaft Lingen und das Niederstift Münster mit den emsländischen Gebieten an Ems und Hase und mit dem Hümmling lagen bis hin zur Neuzeit verkehrstechnisch fernab der Sitze der regierenden Landesherren, die eine wirtschaftliche Entwicklung hätten fördern können. Im übrigen kennzeichneten umfangreiche Moorgebiete und wenig ertragreiche Sandböden sowie keine ausbeutbaren Bodenschätze die dünn besiedelte Landschaft.

Der Ems-Strom als wichtige Verkehrsachse

Als Verkehrsinfrastruktur gab es bis Mitte des 19. Jahrhunderts, dem Beginn des Straßen- und Eisenbahnbaus, nur den Wasserweg, die Ems und Hase, als Transportweg für gewichtige Güter. Die Ems aber war nach Norden, zur Nordsee hin ausgerichtet und nicht nach Süden hin, wo die Wirtschaftskraft der zahlreichen Fürstensitze und Städte lag. Ab Meppen war die Ems stromauf wegen ihrer Versandungen kaum mehr für die Treidelschifffahrt nutzbar. – Das ist auch aus der Ems-Strom-Karte ablesbar. – Auf den alten Fernwegen, der Friesischen- und Flämischen-Straße, konnten nur Traglasten geringen Gewichts transportiert werden.

Kartographisches Vakuum im Emsland erforscht

Diese Raum-Leere kennzeichnet auch die historische Kartographie des Emslandes bis ins 19. Jahrhundert. Wie Buchholz dazu ausführt gibt es nur wenige topographisch genaue Darstellungen unserer emsländischen Heimat, und diese sind meist durch die kriegerischen Auseinandersetzen durch das Militär entstanden und waren der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Karten der Verwaltung dienten meist steuerlichen Zwecken und waren Unikate, die der Öffentlichkeit in gedruckter Form auch nicht zugänglich waren. Umso bedeutsamer sind daher der Fund der Ems-Strom-Karte mit ihrer hohen kartographischen Genauigkeit aus der Zeit um 1630 und die Beschaffung der Wil(c)kens´schen Handzeichnungen aus dem Jahr 1795.

Heimatverein Lingen (Ems) ist Herausgeber

Zur Ausarbeitung ermuntert wurde Franz Josef Buchholz durch den Leiter des Emslandmuseums Dr. Andreas Eiynck und den Leiter des Stadtarchivs Dr. Ludwig Remling. Beide Vorstandkollegen unterstützten mit Rat und Tat bis zur Korrektur der Druckvorlage. Dem Heimatverein Lingen (Ems) gelang mit der Drucklegung nicht nur ein bedeutendes Werk zur Kartographie des Emslandes herauszugeben sondern auch seinem langjährigen 1.Vorsitzenden anlässlich seines 70. Geburtstages zu danken. Das Buch ist im Handel für 24,80 Euro zu beziehen.

Quelle: Buchholz, Franz Josef: Beiträge zur emsländischen Kartographie des 17. bis 19. Jahrhunderts – Das Niederstift Münster mit angrenzenden Territorien auf alten Landkarten; Herausgeber: Heimatverein Lingen (Ems), 2006 – ISBN: 3-9805696-4-0

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