Foto der Mitgliederversammlung

5 0   J A H R E   H E I M A T V E R E I N   L I N G E N 

Umbruch, Kontinuität und Wandel
von Hanni Rickling

Warum feiert der Lingener Heimatverein im Jahre 2013 sein 50-jähriges Jubiläum, werden sich viele fragen. Zum einen hat es schon seit den dreißiger Jahren des vorherigen Jahrhunderts einen „Heimat- und Verkehrsverein“ gegeben, zum anderen ist der Heimatverein Lingen (Ems) mit seinem jetzigen Namen und seiner heutigen Struktur wesentlich jünger als 50 Jahre.

Die Heimatvereinsarbeit im Raum Lingen reicht bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts zurück. Die Gründung des „Heimat- und Verkehrsverein“ fand am 23. Juni 1930 auf der Wilhelmshöhe statt. Allein der Name lässt schon deutlich erkennen, dass sich dieser Verein im Stile der damaligen Zeit nicht nur mit der Heimatarbeit, sondern auch mit Verkehrsfragen und der Tourismusförderung befasste. Des Weiteren waren das Museumswesen und in den dreißiger Jahren das Theaterwesen wichtige Inhalte seiner Arbeit. In den folgenden Jahren entwickelte der Heimat- und Verkehrsverein zahlreiche Aktivitäten, die ein breites Echo in der Bevölkerung fanden. Die Stadt Lingen erwartete jedoch vor allem einen Einsatz für Fremdenverkehr und Stadtverschönerung. Im Bereich der Heimatarbeit gab es viele Überschneidungen mit den Kivelingen und ab 1933 wurde der Verein – wie alle anderen Vereine – immer stärker von den nationalsozialistischen Machthabern vereinnahmt und gleichgeschaltet. In den Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahren erlosch das Vereinsleben nach und nach.
Nach dem Krieg kam es im Jahre 1949 auf Initiative von Stadtdirektor Alfons Mainka zu einer Wiederbelebung des Lingener Heimat- und Verkehrsvereins. Auf der Gründungsversammlung legte er seine Auffassung über Zweck und Ziele des Vereins dar, die „er vornehmlich auf verkehrstechnischem und wirtschaftlichem Gebiet sah“. (1) Die Tätigkeitsberichte zeigen einen aktiven Vorstand. Die Herausgabe des Heimatkalenders, die Beteiligung an Blumenschmuck- und anderen Wettbewerben und vor allem die Bemühungen um die Wiedererrichtung des Heimatmuseums beschäftigten den Vorstand. „Aber der in der Aufgabenstellung begründete Spagat zwischen klassischer Heimatpflege einerseits und der aktuellen und sich zunehmend ständig wandelnden Erfordernissen folgenden Verkehrs- und Fremdenverkehrsförderung anderseits konnte ehrenamtlich längst nicht mehr zufrieden stellend bewältigt werden“. (2) Faktisch stellte der Verein seit Mitte der 1950er Jahre seine Arbeit nach und nach ein.

Foto 12: Festveranstaltung zum 50-jähriges Jubiläum auf der Wilhelmshöhe am 15. 11. 2013
(Foto: Richard Heskamp)

Foto von Werner Schlangen

Werner Franke ergreift die Gründungsinitiative

Ein Ausweg aus der jahrelangen Stagnation in der Heimatarbeit ergab sich erst, als 1963 der junge Oberkreisdirektor Werner Franke die Initiative zur Gründung eines Heimatvereins Lingen ergriff. In einem langen Brief vom 19. September 1963 an den Lingener Apotheker und Ratsherrn Dr. Hans-Friedel Steinhoff legte er seine Auffassung über die Gründung eines neuen Heimatvereins dar. Er betont, „die Aufgabenstellung des Heimatvereins müsse klar abgegrenzt werden auf die Förderung des Heimatgedankens, die Bestandserfassung und Pflege heimatlichen Kulturgutes und die Förderung aller Maßnahmen in diese Richtung. Eine weitere Hauptaufgabe müsse die Herausgabe von Schriften sein. Außerdem gelte es, diesen Heimatverein auf Kreisebene zu etablieren.“ (3)

Foto 1: Werner Franke, Initiator und Gündungsvorsitzender des Heimatvereins für den Kreis Lingen
(Quelle: Stadtarchiv Lingen, Sammlung Fotos Lingener Tagespost)

Foto des Lingener Marktplatz zur Gründungszeit des Heimatvereins

Gründungsversammlung auf der Wilhelmshöhe

Die Gründungsversammlung des Heimatvereins für den Kreis Lingen fand am 4. November 1963 auf der Wilhelmshöhe statt. Von den 41 geladenen Personen aus Kreis und Stadt Lingen nahmen 30 an dieser Versammlung teil. (4) Nach den notwendigen Vorbereitungen durch den vorläufigen Vorstand konnte am 30. Januar 1964 die erste ordentliche Mitgliederversammlung erfolgen. Zum vorläufigen Vorsitzenden wählte die Versammlung Werner Franke, zum Zweiten Vorsitzenden Dr. Hans Steinhoff. Schriftführer wurde Kreisinspektor Bernhard Johanning. Außerdem wurde der Frerener Bürgermeister Georg Wintering zum Beisitzer bestimmt. Darüber hinaus wurde ein neuer Arbeitsausschuss gebildet, der die Schwerpunkte für die Aktivitäten in den kommenden Jahren erarbeiten sollte. Zu den „Männern der ersten Stunde“ gehörten neben den o.a. Vorstandsmitgliedern „Kreisrechtsrat Brümmer, Ing. W. Tenfelde, Lingen, Museumsleiter Hilkenbach, Lingen, Rektor Busche, Lingen, Hauptlehrer Dünheuft, Gersten, Redakteur A. van Acken, Lingen, Schulrat Dr. Dauber, Lingen, Rektor i.R. Kohstall, Salzbergen, Studienrat Möllenbrock, Lingen“ .(5) Die Namen zeigen, dass sich der Verein von Anfang auf die Arbeit zahlreicher aktiver Bildungsbürger stützen konnte.

(Quelle: Emslandmuseum Lingen)

Die Gründung des Heimatvereins Lingener Land im historischen Rathaus Lingen am 16.4.1986

Neue Herausforderungen – neue Ziele

Das Ziel des neuen Vereins wird in der Satzung deutlich formuliert: Förderung und Sicherung der kulturellen, insbesondere geschichtlichen Belange im engeren Heimatgebiet.

Aufgabe des Vereins ist die „Heimatpflege, insbesondere die Volkstumspflege; die Bereitstellung von Mitteln für die Drucklegung und Verbreitung heimatkundlichen Schrifttums; die Vorbereitung von Veranstaltungen, insbesondere eines in regelmäßigen Abständen stattfindenden Kreisheimattages; Natur- und Denkmalpflege; Museums- und Archivarbeit; Erschließung von Wanderwegen; Erhaltung und Gestaltung des Landschaftsbildes; Unterstützung der Aufgaben der Kreisbildstelle; Anregung heimatkundlicher Sendungen“. (6) Mit dieser Zielsetzung und Aufgabenstellung grenzte sich der neue Verein deutlich vom Vorgängerverein ab. Die Tätigkeit des „Heimatvereins für den Kreis Lingen“ erstreckte sich, wie der Name bereits sagt, über das gesamte Gebiet des Altkreises Lingen. So waren Personen aus Freren, Salzbergen und Gersten im Vorstand vertreten. Weibliche Vorstandsmitglieder gab es nicht und auch in der Mitgliedschaft war der Anteil der Frauen sehr gering.

Unter dem Vorsitz von Werner Franke erreichte der Heimatverein in den folgenden Jahren eine hohe Akzeptanz in der Lingener Bevölkerung, das zeigt sich auch in der ansteigenden Mitgliederzahl. Vielleicht trug der niedrige Beitrag von einer DM pro Monat dazu bei. Vor allem aber lag es in der Programmatik des Heimatvereins begründet, „der sich von vornherein als eine Einrichtung verstand, die kulturell Interessierten Vielfältiges und nicht nur leichte Kost zu bieten hatte.“ (7) Neben Fahrten, Führungen, Exkursionen und Wanderungen gehörten Vorträge und Besichtigungen zum festen Bestandteil der Veranstaltungen. Einen Schwerpunkt seiner Arbeit sah der Vorstand in der Förderung der Drucklegung von heimatkundlichen Werken. Bereits 1964 beschloss er den Druck der „Heimatbildkarte“, die später in vielen Schulen Einzug fand und die insgesamt eine Auflage von 200 000 erreichte. Großen Anklang in der Bevölkerung fanden auch der vom Heimatverein herausgegebenen Wanderführer für den Landkreis Lingen und die zahlreichen Bücher des Vorstandsmitgliedes Walter Tenfelde.

Die Arbeit des Kreisheimatvereins Lingen konnte nicht zuletzt aufgrund seiner gesunden Finanzlage so erfolgreich sein. Schon im ersten Rechnungsjahr konnte der Verein Rücklagen bilden, die sich in den folgenden Jahren noch erhöhten. Aber auch die enge personelle Verzahnung von Vorstand und Kreisverwaltung brachte viele Vorteile.
Es lag aber vor allem wohl an der großen Kontinuität im Vorstand, die zum Erfolg des Vereins führte. Vorsitzender war von der Vereinsgründung bis zum Jahre 1979 Werner Franke und auch Dr. Hans Steinhoff hatte das Amt des Zweiten Vorsitzenden 16 Jahre inne.

Diese erfolgreiche Arbeit des Heimatvereins für den Kreis Lingen geriet in Umbruch, als es im Zuge der Gebietsreform galt, auch die Strukturen der Heimatpflege im ehemaligen Kreis Lingen neu zu ordnen. Der alte Kreisheimatverein Lingen konnte in seiner bisherigen Form nicht weiter existieren, in den einzelnen Ortschaften entstanden zahlreiche örtliche Heimatvereine. Diese neue Entwicklung bedingte auch eine Namensänderung; aus dem „Heimatverein für den Kreis Lingen“ wurde 1978 der „Heimatverein für das Lingener Land“. Die Entscheidung, ob der Heimatverein nur ein örtlicher Verein für die Stadt Lingen oder auch Dachverband auf Altkreisebene sein sollte, wurde jedoch vorerst verschoben. Die schwierige Situation wurde noch verstärkt durch den Wechsel an der Spitze des Heimatvereins. Im Jahre 1979 verstarb Dr. Hans Steinhoff. Werner Franke und auch der Geschäftsführer Heinrich Herbrüggen mussten ihre Ämter aus beruflichen Gründen aufgeben. Neuer stellvertretender Vorsitzender wurde Walter Tenfelde, neuer Geschäftsführer Reinhold Möddel, der im Lingener Schul- und Kulturamt tätig war. Heinrich Feldhaus, Studiendirektor am Gymnasium Georgianum, wurde zum Ersten Vorsitzenden gewählt; er musste jedoch schon nach zwei Jahren aus Krankheitsgründen zurücktreten.

Es war ein Glück für den Lingener Heimatverein, dass sich 1982 der damalige Oberstadtdirektor Karl-Heinz Vehring bereit erklärte, den Vorsitz in diesen schwierigen Zeiten zu übernehmen.
Galt es doch zudem – bedingt durch die Gründung einer Emsländischen Landschaft – die Aufgaben und finanziellen Mittel auf neue Grundlagen zu stellen. Karl-Heinz Vehring gelang es, neue leistungsfähige Strukturen zu schaffen. So entstand 1986 durch sein Handeln als Dachverband für alle Heimatvereine im Altkreis Lingen der „Heimatverein Lingener Land“, dessen Vorsitzender Manfred Dauber wurde.

Foto 3: Die Gründung des Heimatvereins Lingener Land im historischen Rathaus Lingen am 16.4.1986
von links: Reinhold Möddel, künftiger Kassenwart des neuen Vereins; Helmut Bojer, Geschäftsführer; Manfred Dauber, Vorsitzender, und Oberstadtdirektor Karl-Heinz Vehring
(Quelle: Heimatverein Lingen (Ems)

Professionalisierung der Heimatpflege

Aus dem „Heimatverein für den Kreis Lingen“ wurde durch Satzungsänderung auf der Mitgliedersammlung vom 6. Mai 1986 der „Heimatverein Lingen (Ems)“, ein Ortsheimatverein für das Gebiet der Stadt Lingen. (8) Dessen Satzung steht bezüglich Ziel- und Aufgabensetzung in der Kontinuität des Kreisheimatvereins. Um die Arbeit des Ersten Vorsitzenden zu entlasten, sieht die Satzung zwei Stellvertreter vor; die Funktion des Ersten Stellvertreters übernahm Walter Tenfelde, die des Zweiten Stellvertreters Josef Wortberg. „Es gelang nun rasch, den Verein in seinem Kerngeschäft, den Veranstaltungen, zu alter Bedeutung zurückzuführen“. (9)

Außerdem konnte er aufgrund seiner guten finanziellen Grundlage zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der Heimatpflege unterstützen. Er spendete u.a. 2000 DM für die Anschaffung von Archivalien und förderte die Drucklegung einer Reihe von heimatkundlichen Werken; er beteiligte sich an der Anlage von Wanderwegen und an den Kosten für die Aufstellung von Erklärtafeln an Bodendenkmalen im Stadtgebiet, erarbeitet von der sehr aktiven Archäologischen Gruppe im Heimatverein unter Leitung von Manfred Buschhaus.

Während seiner Zeit als Oberstadtdirektor setzte Karl-Heinz Vehring sich sehr für eine Professionalisierung der Heimatpflege ein. In Lingen wurden ein hauptamtlich geleitetes Stadtarchiv (1985) und ein Museum (1988) errichtet. Von Anfang an bestand eine enge personelle Verzahnung zwischen dem Heimatverein Lingen (Ems) und dem Archiv und Museum. Stadtarchivar Dr. Remling wurde 1985 und Museumsleiter Dr. Andreas Eiynck 1993 Vorstandsmitglied. Beide sind seitdem ununterbrochen im Vorstand des Heimatvereins tätig, Dr. Remling zudem seit 1985 als Erster Stellvertreter.
Im Jahre 1982 konnte der Heimatverein sein 25-jähriges Bestehen begehen. Das Jubiläum wurde gefeiert mit einer Festwoche, mit Vorträgen, einem gemütlichen Nachmittag auf der Wilhelmshöhe und der Eröffnung der beeindruckenden Ausstellung der „Lingener Archäologischen Gruppe“ in der Kreissparkasse Lingen über „Vorgeschichtliche Kostbarkeiten Lingener Sammler“.

Als Karl-Heinz Vehring nach zehn Jahren im Jahre 1992 den Vorsitz an seinen Nachfolger Franz Josef Buchholz, Leiter des Straßenbauamtes, übergab, hinterließ er einen aktiven, gesunden Verein, der für die Stadt, aber auch für den Kreis Lingen, erfolgreich tätig war. Während der Amtszeit von Franz Josef Buchholz stieg die Mitgliederzahl auf über 400. Die jährlichen Mitgliederversammlungen erfreuten sich von Jahr zu Jahr größerer Beliebtheit. Beginnend mit einem gemeinsamen Spaziergang durften die Teilnehmer sich auf ein interessantes Rahmenprogramm mit Vorträgen und einem gemeinsamen Abendessen freuen. Auf der Mitgliederversammlung im Januar 2004 wurde Werner Franke für seine großen Verdienste um den Heimatverein Lingen (Ems) zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Foto 13: Ehrung für die langjährigen Vorsitzenden des Heimatvereins: Werner Franke, Karl-Heinz Vehring und Franz Josef Buchholz sowie für 50-jährige Mitgliedschaft
(Foto: Richard Heskamp)

Unterstützung von Büchern zur Heimatpflege

Franz Josef Buchholz führte die festen Halbjahresprogramme ein, so dass sich die Mitglieder schon frühzeitig über die zahlreichen Veranstaltungen, seien es Busfahrten, Wanderungen, Radtouren, Vorträge oder Führungen, informieren konnten. In den 15 Jahren seines Vorsitzes sind es mehr als 450 Veranstaltungen gewesen, die der Heimatverein durchführte. Aber nicht nur für die Mitglieder, sondern auch für die Allgemeinheit war der Heimatverein Lingen (Ems) während der 15-jährigen Amtszeit von Franz Josef Buchholz rührig. So organisierte der Vorsitzende zehn Jahre lang am Ersten Advent das „Rathauscafé im Alten Rathaus“. Den nicht unerheblichen Erlös spendete der Verein für soziale Zwecke. Auch unter dem Vorsitz von Franz Josef Buchholz war der Verein finanziell sehr gesund. So konnte er durch Ankauf dem Lingener Emslandmuseum ein sehr seltenes Stück Lingener Geschichte, einen Hochzeitsmörser aus der Familie Danckelman von 1618, als Dauerleihgabe überreichen. Auch viele Druckwerke zur Heimatpflege wurden vom Verein finanziell unterstützt bzw. selbst herausgegeben. Anlässlich des 40-jährigen Bestehens verfasste der Historiker Helmut Lensing im Auftrag des Heimatvereins ein umfassendes Werk über den Heimat- und Verkehrsverein Lingen (1930-1963.) Im Jahre 2006 gab der Verein das von Franz-Josef Buchholz verfasste wichtige Werk zur emsländischen Kartografie heraus. Nach 15-jähriger Amtszeit übergab Franz Josef Buchholz am 1. September 2007 den Vorsitz an Hanni Rickling.

Foto 4: „Stabübergabe“ beim Vorsitz des Heimatverein Lingen (Ems) an die neue Vorsitzende Hanni Rickling durch ihren Vorgänger Franz Josef Buchholz am 1.9.2007
(Quelle: Heimatverein Lingen (Ems)

Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls

In Verbindung mit der Globalisierung wird für viele Menschen die Identität mit der engsten Umgebung immer wichtiger. Der Heimatverein sieht hierin eine große Aufgabe. Er möchte das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Stadt Lingen weiterhin fördern und stärken. Dabei ist es ihm ein Anliegen, auch die jüngere Generation zu gewinnen. Der Zuwachs im Verein der Kivelinge und das große alle drei Jahre von ihnen veranstaltete Volksfest beweisen, dass auch die jüngere Generation den Gedanken der Heimatpflege aufnimmt und in erheblichem Umfang konkrete Arbeit investiert.

Strukturveränderung auch in der Mitgliedschaft

Die neue Vorsitzende übernahm einen gut aufgestellten Verein, der auf der kontinuierlichen Arbeit der langjährigen Amtsvorgänger Werner Franke, Karl-Heinz Vehring, Franz Josef Buchholz beruhte. Um auch in Zukunft weiterhin erfolgreich arbeiten zu können, muss allerdings auch der Heimatverein Lingen (Ems) auf den heutigen gesellschaftlichen Wandel reagieren und sich für neue Wege öffnen. Die Gesellschaft wird immer individueller, älter und weiblicher. Der Arbeitsmarkt verlangt von den Menschen hohe Flexibilität und dadurch bedingt einen häufigen Wohnortswechsel, was die Bindung an die heimatliche Umgebung möglicherweise mindert.

Für den Heimatverein Lingen (Ems) gilt es aber auch zukünftig, die grundsätzliche Heimatpflege zu erhalten und zu fördern. Dass dies trotz des gesellschaftlichen Wandels auch möglich ist, beweist die nach wie vor hohe Mitgliederzahl des Vereins.
Nach einer Phase des „Verpönens“ von Heimatverbundenheit in den 60er und 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts begann man sich wieder auf die „Heimatstadt“ zu besinnen.

Die Struktur der Mitgliederschaft hat sich in den letzten 50 Jahren verändert. In den Anfangsjahren war der überwiegende Teil der Mitglieder männlich, in den letzen Jahren treten auch verstärkt Frauen in den Heimatverein ein. Und obwohl die meisten Mitglieder sich im Rentenalter befinden, entscheiden sich durchaus auch Jüngere für eine Mitgliedschaft.

Der Heimatverein macht sich verstärkt zur Aufgabe, Kinder und Jugendliche mit dem Thema „Heimat“ vertraut zu machen, was gerade im Zeitalter der Globalisierung mit einhergehenden häufigen Wohnungswechseln einen besonderen Stellenwert hat. Deshalb sieht das Veranstaltungsprogramm des Heimatvereins immer auch Programmpunkte für Kinder vor, u.a. spezielle Waldführungen oder Spielenachmittage mit Spielen von früher. Um Gespräche zwischen den Generationen anzustoßen, starteten Heimatverein und Museum erfolgreich Schülerwettbewerbe. Sehr große Resonanz bei Alt und Jung erfuhr der Wettbewerb des Jahres 2009 zum Thema „Opas erstes Auto“.

Foto 7: Preisträger des Schülerwettbewerbs 2009 „Opas 1. Auto“
(Quelle: Heimatverein Lingen (Ems)

Networking auf breiter Ebene

Der Verein sucht verstärkt die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Vereinen, die sich mit der Heimatarbeit beschäftigen. So ist Dr. Stephan Schwenke, Leiter des Lingener Stadtarchivs, seit 2008 im Vorstand. Insgesamt schon achtmal veranstalten Archiv und Heimatverein gemeinsam den „Tag der Lingener Geschichte“ mit wissenschaftlichen Vorträgen zu einem stadtgeschichtlichen Thema. Dazu kommen gemeinsame Vorträge, Führungen und Seminare .

Die enge Zusammenarbeit zwischen Museum und Heimatverein zeigt sich ebenfalls in vielen gemeinsamen Veranstaltungen, so auch bei den zahlreichen Tages- und Halbtagesfahrten, bei der Silvesterveranstaltung, bei den Schülerwettbewerben und bei der „Aktion Gebetbuch“. Dem Aufruf, alte Gebetbücher für eine Ausstellung zur Verfügung zu stellen, kamen Hunderte von Emsländern nach. Über 400 Gebetbücher, zum Teil über 300 Jahre alt, wurden so zusammengetragen. Sogar die überregionalen Medien berichteten von dieser einmalig erfolgreichen Sammelaktion alter und seltener Gebetbücher.

Seit einigen Jahren arbeitet der Heimatverein auch mit dem Forum Juden-Christen zusammen. Der Heimatverein unterstützte finanziell das Buch von Anne Scherger über den Jüdischen Friedhof in Lingen. Auf ihrer Ansprache auf der Mitgliederversammlung am 18.1.2013 betont die Vorsitzende, dass Heimatgeschichte die Verpflichtung habe, sich neben der „Idylle von alten Zeiten“ auch mit den „Schattenseiten der Geschichte“ auseinanderzusetzen (10). Die Auseinandersetzung mit schwierigen Themen findet bei den Mitgliedern Anklang. So wurden sowohl die Fahrt zum Durchgangslager Westerbork als auch die gemeinsam mit dem Forum Juden –Christen organisierten Fahrten zur Synagoge nach Enschede und Osnabrück und der Besuch der Gedenkstätte Esterwegen sehr gut angenommen. Die Fahrt nach Enschede wurde aufgrund der großen Nachfrage wiederholt. Insgesamt nahmen über 80 Personen daran teil.

Foto 8: Gemeinsame Fahrt des Heimatvereins Lingen (Ems) und des Forum Juden-Christen zur Synagoge nach Osnabrück
Führung durch den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Michael Grünberg
(Quelle: Heimatverein Lingen (Ems)

Längst kein Geheimtipp mehr:
Silvester im Museum

Der Heimatverein Lingen (Ems) bietet verschiedene Aktivitäten an. So lädt er zusammen mit dem Emslandmuseum seit 2004 am letzten Tag des Jahres ins Museum ein. In allen Räumen des Kutscherhauses bewirten Vorstandskollegen des Heimatvereins die Gäste mit Kaffee und Kuchen, Glühwein und selbst gebackenen Neujahrshörnchen. Im Vortragssaal des Museums präsentiert Dr. Andreas Eiynck Fotos und interessante Geschichten zu unterschiedlichen Themen aus Stadt und Land Lingen. Weit über 200 Personen, vielfach auch Alleinstehende, darunter viele Frauen, fanden Silvester 2012 den Weg ins Museum und ins Kutscherhaus, um gemeinsam einen gemütlichen Silvesternachmittag zu verbringen.

Foto 5: Gemeinsame Silvesterfeier des Heimatvereins und des Emslandmuseums
(Quelle: Heimatverein Lingen (Ems)

Für die Zukunft gut aufgestellt

Der Heimatverein Lingen (Ems) hat zurzeit 435 Mitglieder. Aufgrund seiner guten wirtschaftlichen Lage konnte er in den letzten Jahren eine wertvolle Silberschale des Lingener Silberschmiedes Jan Hendrick Thiel erwerben und dem Emslandmuseum als Dauerleihgabe zur Verfügung stellen und die Drucklegung mehrerer Bücher finanziell unterstützen. Am 23. August 2013 stellte der Heimatverein das Buch des ehemaligen Vorsitzenden und langjährigen Oberstadtdirektors Karl-Heinz Vehring über ein wichtiges Kapitel Lingener Zeitgeschichte vor großem Publikum der Öffentlichkeit vor.

Foto 9: Vorstellung des Buches von Karl-Heinz Vehring „Lingen – Zentrum einer Region. Strukturwandel und Modernisierung“ am 23.8.2013 auf der Wilhelmshöhe
(Foto: Richard Heskamp)

Aktive Familienforscher helfen weiter

Zum Heimatverein Lingen (Ems) gehören die oben genannte „Archäologische Gruppe“ und der „Arbeitskreis Lingener Familienforscher“, der Familienforschern Unterstützung und Hilfestellung gibt, die genealogischen Quellen für den Altkreis Lingen besser zu erschließen und leichter zugänglich zu machen. Der von Joachim Schulz (Sprecher der Gruppe, Vorstandsmitglied) betreute Internetauftritt von Heimatverein und Familienforschung (www.heimatverein-lingen.de) und wird sehr häufig von Interessenten besucht.

Foto: Arbeitskreis Lingener Familienforscher vor der alten Amtsvogtei in Emsbüren
(Quelle: Heimatverein Lingen/Ems)

Umfangreiches Veranstaltungsprogramm geboten

Der Vorstand besteht zur Zeit aus Hanni Rickling (Erste Vorsitzende), Dr. Ludwig Remling (Erster Stellvertreter), Hermann Stallo (Zweiter Stellvertreter), Hermann Meß (Rechnungs- und Kassenführer), Georg Wichmann (Schriftführer), Joachim Schulz (Betreuung der Homepage, Sprecher der Familienforscher) und den Beisitzern Franz Josef Buchholz, Dr. Andreas Eiynck, Hella Kreft, Heinz Lübbers, Josef Lüken, Heinz Roling, Dr. Stephan Schwenke, Benno Vocks und aus den Mitgliedern des erweiterten Vorstandes Ansgar Benedixen und Heinz Buss.
Die Vorstandsarbeit ist von großer Kontinuität geprägt. So ist Karl-Heinz Vehring seit 1982 und Dr. Ludwig Remling seit 1985 ununterbrochen im Vorstand des Heimatvereins Lingen (Ems) tätig.

In kollegialer Teamarbeit aller Vorstandskollegen und guter Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Vereinen kann der Heimatverein Lingen (Ems) umfangreiche halbjährliche Veranstaltungsprogramme anbieten. So sieht das Veranstaltungsjahr 2013 – neben den regelmäßigen Treffen der Arbeitsgruppen – insgesamt 39 Veranstaltungen vor.

Foto 11: Wanderung durch den Wacholderhain bei Wachendorf
(Quelle: Heimatverein Lingen (Ems)

Anderer Verein mit neuen Aufgaben

Fasst man die Geschichte des Lingener Heimatvereins zusammen, so zeigt sich ,dass der Bruch zum 1930 gegründeten Heimat- und Verkehrsvereins so groß ist, dass man diesen Verein nur als einen Vorläufer, nicht als Vorgänger ansehen muss, denn die Ziel- und Aufgabensetzung war eine völlig andere.

Obwohl der 1963 gegründete Heimatverein für den Kreis Lingen sich angesichts der Gebietsreform in der Struktur stark gewandelt hat und auch seinen Namen änderte, obwohl er angesichts der sich verändernden Gesellschaft neue Wege für eine erfolgreiche Arbeit eingeschlagen hat, ist die Geschichte des Heimatvereins Lingen (Ems) in den letzten 50 Jahren von großer Kontinuität geprägt. „Getragen von den als Kreisheimatverein gelegten Grundzügen beeindruckt dieser nach wie vor durch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm.“ (11)

Foto 10: Vorstand des Heimatvereins Lingen (Ems)
(Quelle: Heimatverein Lingen/Ems)

Quellen:

(1) Lensing, Helmut, Der Heimat- und Verkehrsverein Lingen (1930-1963). Materialien zur Lingener Geschichte Bd. 4, hg. vom Heimatverein Lingen (Ems), Lingen 2004. S.105.
(2) Grave, Josef, „Der Heimatverein für den Kreis Lingen“. In: Emsländisches Jahrbuch 2013, S.307.
(3) Gründungsakte. Stadtarchiv Lingen: Akte Heimatverein 1.01a
(4) ebenda
(5) Satzung für den Heimatverein des Kreises Lingen vom 4.11.1963. Stadtarchiv Lingen: Akte Heimatverein 1.01a
(6) ebenda
(7) Grave, a.a.O., S. 311
(8) Protokoll der Mitgliederversammlung vom 6. Mai 1986. Stadtarchiv Lingen: Akte Heimatverein 1.01c
(9) Grave, a.a.O., S. 321
(10) Protokoll der Mitgliederversammlung vom 18.1.2013
(11) Grave, a.a.O.,S. 324

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