Erste Ergebnisse aus der Analyse des Fundmaterials und der Grabungsbefunde

von Dr. Dieter Lammers

Erstmals seit 1990 fand im April und Mai 2024 in der Lingener Altstadt eine archäologische Ausgrabung statt. Die Stadtarchäologie Lingen hat mit Unterstützung der archäologischen Fachfirma denkmal3D, letztere finanziert durch die Bauherrenfamilie Berning, auf einem großen innerstädtischen Grundstück, das am Rande der mittelalterlichen Stadt lag, vier innerstädtische Grundstücksparzellen auf einer Fläche von mehr als 1.200 m² untersucht. Die Bilanz kann sich sehen lassen: Elf Brunnen, spätmittelalterliche Gebäudespuren, frühneuzeitliche Fundamentreste und zahlreiches Fundmaterial aus Keramik, Glas, Eisen, Knochen, Leder und Stein. Bedingt durch den hohen Grundwasserstand, waren zahlreiche Holzobjekte, darunter auch zwei Fassbrunnen, hervorragend erhalten.

Über die Ergebnisse referierte der Stadtarchäologe Dr. Dieter Lammers im Rahmen der Reihe „Mittwochs im Museum“ am 04.09.2024 im Emslandmuseum.

Die Analyse des Fundmaterials und der Grabungsbefunde lassen für die Grundstücke an der Gymnasialstraße eine kontinuierliche Besiedlung seit der Mitte des 13. Jahrhunderts erkennen. Ältere Funde gab es keine. Der sicher älteste Fund ist ein Baumstammbrunnen, der im Jahr 1259 gefällt wurde, wie die dendrochronologische Bestimmung zeigte. Ein weiterer Baumstammbrunnen konnte in das Jahr 1277 datiert werden. Ein Pfosten, wahrscheinlich von einem Nebengebäude datiert in das Jahr 1413.

Ab der Zeit um 1300 bestanden drei Parzellen, deren Grenzen sich bis heute kaum noch verändert haben und deren Siedlungsentwicklung durch die Ausgrabung nun recht klar nachvollziehbar ist. Die Hinterhöfe der Grundstücke reichten bis an eine Senke, die erst im 16. Jahrhundert verfüllte wurde. Derzeit ist noch nicht klar ist, ob diese einen natürlichen Ursprung hatte oder als künstlicher Graben angelegt worden war. Erst in der Neuzeit wurde auch diese Parzelle überbaut.

Insgesamt hat die Untersuchung unser Bild von der städtischen Entwicklung Lingens besonders im Mittelalter enorm bereichert, doch leider waren spätestens beim Abbruch der modernen Bebauung im Jahr 2010 große Teile der steinernen Strukturen zerstört worden. Gebäude mit gemauerten Fundamenten wurden daher nur in geringen Resten aufgefunden. Ein Keller datiert in das 15. Jahrhundert. Ein Nebengebäude, vielleicht eine Schmiede, wurde im 16. Jahrhundert errichtet und ist bis in die Neuzeit genutzt worden.

 

Abb. 1: Dokumentation eines spätmittelalterlichen Fassbrunnens. Im Hintergrund ein Kastenbrunnen.

Abb. 2: Ein spätmittelalterlicher Fassbrunnen.

Abb. 3: Ein frühneuzeitlicher Brunnen mit einem Schacht aus Feldsteinen.

Abb. 4: Fundamente eines im 16. Jahrhundert errichtete und bis in das 19. Jahrhundert genutzten Nebengebäudes.

Alle Fotos: D. Lammers, Stadtarchäologie Lingen

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