Quelle für die Genealogie
Auf eine sehr starke Resonanz ist die Einladung des Arbeitskreises Lingener Familienforscher im Heimatverein Lingen über so genannte Totenbildchen in der Genealogie gestoßen. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand ein Vortrag zu einem außergewöhnlichen Thema: den Totenbildchen als Quelle für Familienforscher.
. . . offenbaren kulturhistorischen Background
Als Expertin hatte der Arbeitskreis Ruth Decker von der Oldenburgischen Gesellschaft für Familienforschung eingeladen. Die Referentin Ruth Decker hat gemeinsam mit Monika von Hammel eine DVD mit 28.000 Totenbildern herausgegeben. In ihrem Vortrag „Totengedenkzettel eine fromme Erinnerung an Verstorbene und eine wichtige genealogische Quelle“ ging Ruth Decker, Cloppenburg, auf den kulturgeschichtlichen und genealogischen Wert dieser mittlerweile auch in so manchem emsländischen Heimatverein intensiv gesammelten Totenbildchen ein.
Mehr als fromme Erinnerung
Diese Bildchen sind schon deshalb eine wichtige Quelle, weil sie in der Regel neben dem Namen auch das Geburts- und Sterbedatum sowie den Geburts- und Sterbeort des Verstorbenen enthalten. Weiterhin sind häufig Hinweise auf den Beruf, den Lebensverlauf, auf die Familie mit Ehepartnern und Kindern sowie auf die Todesursache zu finden. Die bedruckten Rück- und Innenseiten enthalten neben Gebetsaufforderungen, Bibelzitaten und Sprüchen häufig auch kurze Biografien der Verstorbenen, zumindest aber das Geburts- und Sterbedatum. Wichtige Hinweise vermittelten in den meisten Fällen auch die Namen der Verlage, Druckereien und kleinerer Läden, wie sie bis in die 70er-Jahre in einzelnen Bauerschaften für Bestellung von Totenbildchen zur Verfügung gestanden hätten, sagte Ruth Decker.
Stoßgebet für die armen Seelen
Nachdem die jüdisch-christliche Tradition den Glauben an ein Leben nach dem Tode herausgebildet habe, sei durch das Christentum das Gebet für die „Armen Seelen“ gefördert worden. „Wer das auf dem Totenzettel angegebene Stoßgebet spricht, erwirkt für die Seele des Toten ein um 100 Tage verkürztes Fegefeuer.“
Angaben zum ausgeübten Beruf des Toten würden hauptsächlich für männliche Personen aufgeführt, erklärte Decker. Wenn eine Frau als Bäuerin bezeichnet werde, sei dies eher im Sinne einer Demonstration des Bauernhof-Besitzes zu verstehen. Die Mitgliedschaft in einer Marianischen Kongregation, in der Marienverehrung betrieben wird, sei der entscheidende Hinweis auf den Ledigenstatus einer Frau. Seit den 50er-Jahren finde man zumeist die Angabe zur Zugehörigkeit zu einer Frauengemeinschaft.
Erinnerungsbildchen an gefallene Soldaten
Totenzettelchen enthielten nur wenige Aussagen zu politischen Einflüssen und zum Leben und Denken von Verstorbenen. Eine Ausnahme bildeten die Erinnerungsbildchen an gefallene Soldaten. Sie enthielten Angaben über Dienstrang und Ehrenzeichen. Anhand der zuvor von den Lingener Arbeitskreismitgliedern zur Verfügung gestellten Totenbildchen gelang der Referentin eindrucksvoll die Erläuterung an hiesigen Beispielen. Durch die Auswahl der Motive zeige sich der Versuch, einen persönlichen Bezug zwischen dem Verstorbenen und dem Bild herzustellen. Wie Ruth Decker erklärte, hat ihre Arbeitsgruppe seit 2003 rund 56000 Datensätze archiviert.