Nicht alle waren Musterschüler

Nicht alle Großeltern der heutigen Schüler waren in ihrer Jugendzeit Musterschüler: Dies ist ein Ergebnis des Schülerwettbewerbes zum Thema Zeugnisse, zu dem der Lingener Heimatverein aufgerufen hatte. Sieben Preisträger wurden jetzt im Emslandmuseum Lingen für ihre Beiträge ausgezeichnet. Wichtig war in früheren Zeiten vor allem das Fach Religion – so hat die Preisträgerin Maike Kemper anhand des Volksschulzeugnisses ihres Urgroßvaters herausgefunden, dass 1911 auch der Kirchenbesuch bewertet wurde. „Kirchenbesuch: regelmäßig, aber unpünktlich“ stand als eine von fünf sogenannten Kopfnoten auf dem Zeugnis.

Dialog der Generationen fördern 

„Ziel unseres Projektes war, Jugendliche mit ihren Großeltern mehr ins Gespräch zu bringen. Und das ist gelungen“, freute sich die Heimatvereinsvorsitzende Johanna Rickling über die eingereichten Arbeiten: „Eure Großeltern haben euch Rede und Antwort gestanden. Manche waren sehr ehrlich und gaben zu, dass sie nicht nur Musterschüler waren.“ So sollten die Schüler nicht nur die Zeugnisse von Verwandten einreichen, sondern auch einen kleinen Text dazu verfassen. So fanden sich auf vielen Zeugnissen auch heute ungewohnt anmutende Fächer wie Naturbeschreibung, Freihandzeichnen, Schrift oder auch der Nadelunterricht. „Auch für uns heute ungewöhnliche Notengebungen sind auf vielen Zeugnissen zu finden: fast gut, im ganzen gut, genügend oder auch noch genügend“, berichtete die Heimatvereinsvorsitzende und Lehrerin Johanna Rickling.

Vom Schulabbrecher zum Oberstudienrat

Und was aus leistungsmäßig in der Schule nicht besonders guten Schülern werden kann, hat Daria Lenz am Beispiel ihres Großvaters aufgezeigt. Einst musste ihr Opa vom Gymnasium abgehen, da seine schulischen Leistungen nicht den „Ansprüchen der Schule“ entsprachen. So machte er zunächst eine Lehre zum Telefonelektriker, dann nach einigen Jahren Berufstätigkeit seinen Realschulabschluss, anschließend sein Abitur, studierte Physik und Mathematik, wurde Diplom-Physiker und schließlich Oberstudienrat an einem Gymnasium mit den Fächern Physik und Mathe. „Aus der Mathe-Schulnote „ausreichend“ wurde eine Diplomprüfung im Fach Physik an der Universität in Münster mit guten und sehr guten Noten. Dieser Werdegang dürfte vielen heutigen Schülern Mut machen“, erklärte die Vorsitzende des Heimatvereins.

Preise für das älteste und originellste Zeugnis

Und weil so viele originelle Berichte eingereicht worden waren, stockte der Heimatverein kurzerhand die Anzahl der Preise von vier auf sieben auf: Ausgezeichnet wurden fünf besonders interessante Berichte und das älteste eingereichte Zeugnis. Einen Sonderpreis erhielt das interkulturellste Zeugnis. Je einen Büchergutschein erhielten Magdalena Guckes, die das älteste Zeugnis ihrer Ur-Ur-Großmutter aus dem Jahre 1906 einreichte, Karl Schönemann für das interkulturellste Zeugnis in russischer und kasachischer Sprache, Maike Kemper, Hannah Abeln, Pia Tönjes, Lara Bösche und Daria Lenz. Nur ein Drittel der Zeugnisse kamen aus dem Emsland, einige aus der Region und die meisten von weither aus der Pfalz, Berlin oder Pommern. Das Emsland ist danach ein klassisches Einwanderungsland“, betonte Frau Rickling. Fortgeführt werden soll die Reihe „Dialog der Generationen“ zum Beispiel zum Thema Hochzeitsbilder oder auch den interessantesten Reisefotos.

nach: Carsten van Bevern, Lingener Tagespost, Lingen, 12.04.2008

Fotos: Emslandmuseum Lingen

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