Archivalie des Monats Juli 2011

von Dr. Stephan Schwenke

Aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage kann die Stadt Lingen auf eine abwechslungsreiche Geschichte zurück blicken. Im Mittelalter lag die Stadt im Einflussbereich der Tecklenburger. Ende des 16./Mitte des 17. Jahrhunderts gehörte sie erst den Oraniern, dann den Spaniern und dann wieder den Oraniern. Auch in der Neuzeit wechselten die Landesherren. Nach den Franzosen kamen die Preußen, dann das Haus Hannover und abschließend 1866 wieder Preußen. Lingen war stets Hauptort der Verwaltung, 1850-85 Amtsort des Amtes Lingen und seit 1867 Hauptort den neu gebildeten Kreises Lingen. Kreisstadt des aus den Ämtern Lingen und Freren neu gebildeten Kreises wurde man 1885. Verschiedene staatliche Ämter, so das Finanzamt oder das Katasteramt, hatten deshalb auch ihren Sitz in Lingen. Die Unterbringung erfolgte zunächst in angemieteten Räumen über die gesamte Stadt verteilt.

Lingener Architekt Lühn erhielt den Auftrag

Raummangel und unzureichende Arbeitsbedingungen führten 1927 dazu, dass erste Verhandlungen zwischen Staat und Stadt über einen Neubau angestrengt wurden. Zunächst dachte man daran, ein Haus am Schulplatz für den Zweck eines zentralen Behördenhauses umzubauen, die Planungen dafür wurden aber aus Kostengründen eingestellt. Dann schlug die Stadt Lingen vor, das St. Bonifatiushospital anzukaufen und dort sowohl die Stadtverwaltung, als auch die preußischen Behörden unter zu bringen. Auch dieses Projekt wurde, nach ersten Unterredungen zwischen Kuratorium des Hospitals und Vertretern der Stadt, aus finanziellen Gründen nicht weiter verfolgt. Am 14. August 1929 beschlossen die städtischen Körperschaften dann, ein städtisches Grundstück an der Bleiche für den Neubau unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Mit dem Bau beauftragt wurde der Lingener Architekt Lühn, der das Behördenhaus innerhalb von 10 Monaten schlüsselfertig übergeben konnte. Die Einweihung des Behördenhauses erfolgte in Anwesenheit des Regierungspräsidenten Dr. Sonnenschein am 23.9. 1930. Der Regierungs- und Baurat Weinmann dankte im Namen aller der Regierung in Osnabrück unterstellten Ämtern in Lingen, „dass dieser Bau ermöglicht wurde und unsere Ämter zweckmäßig und würdig untergebracht werden.“ Neben dem Gewerbeaufsichtsamt, dem Katasteramt, der staatlichen Kreis- und Forstkasse und dem Preußischen Hochbauamt bezog auch die Zweigstelle der Niedersächsischen Heimstätten, eine Wohnungsfürsorgegesellschaft, die neuen Geschäftsräume an der Mühlentorstraße.

In den folgenden Jahren entstand in diesem Bereich ein kleines Behördenzentrum. 1935 konnte der Neubau des Finanzamtes eingeweiht werden, 1939 wurde das Verwaltungsgebäude des Landratsamtes am Wall eingeweiht. Die Gebäude vor dem Mühlentor werden heute noch, u.a. vom Finanzamt, genutzt.

 

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