Archivalie des Monats September

von Dr. Stephan Schwenke

Die Burgstraße ist eine der architektonisch interessantesten Straßen Lingens. Bereits 1560 auf dem Plan von Jacob van Deventer verzeichnet, wurde die Straße bei der spanischen Erweiterung der Befestigungswerke bis zur Einmündung der Baccumer Strasse verschoben. Die nächste Veränderung erfuhr die Straße nach der Schleifung der Festungswerke ab 1632. Auf dem brach liegenden Terrain entstanden repräsentative Bürgerhäuser, wie etwa das 1641 errichtete Haus Hellmann. Die Straße endete damals am verkleinerten Stadtgraben. Das in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichtete Torhaus erinnert an die Stelle, an der die Straße den Graben überquerte. Auf dem angrenzenden Gelände ließ ab 1638 Sylvester von Danckelmann, seit 1633 oranischer Landrichter und Vizedroste, sein herrschaftliches Stadthaus bauen. Das 1646, kurz vor Ende des 30jährigen Krieges, fertig gestellte Haus war nicht nur Wohnsitz der Familie Danckelmann, sondern es diente gleichzeitig als Amtssitz. Die gelehrten Richter der Familie von Danckelmann wurden für die Stadtgeschichte Lingens besonders bedeutsam. 1702 nahm Thomas Ernst von Danckelmann Stadt und Grafschaft für die preußische Krone in Besitz und im gleichen Jahr huldigten im Palais an der Burgstraße die Lingener Stände dem neuen König Friedrich I. von Preußen. In der nächsten Generation übernahm Sylvester Diedrich von Danckelmann die Richtergeschäfte von seinem Vater.

Der preußische Domänenfiskus das Gebäude

1769 erwarb der Preußische Domänenfiskus das Gebäude von den Danckelmannschen Erben, der Freifrau Cecilia Charlotte von der Osten und der Freifrau Maria Wilhelmina von Canstein für die Summe von 3500 Reichstalern. Den im Haus zur Miete wohnenden Kriegs- und Domänenrat Schröder und dem Kammerdirektor von Nolting wurde das Wohnrecht zugesichert unter der Voraussetzung, dass sie kleinere Reparaturen in den Wohnungen und den Unterhalt des Gartens übernehmen würden. Außerdem mussten sie die auf dem Haus liegenden Steuern, wie das Werbefreiheitsgeld, zur Hälfte übernehmen. Über diese Kosten gab es oft Streitigkeiten, da die Mieter nicht für alle Schäden an den Gebäuden aufkommen wollten und auch konnten. Die preußische Regierung sah sich deshalb 1774 gezwungen, eine Regelung zu treffen, die besagt, dass die Mieter die Reparaturen „welche an Fenstern, Thüren, Feuerherden und dergleichen vorfallen, wozu auch das Schornsteinfegen und Ausweißen der Zimmer nebst Ausschmierung der Ofen gehört“ alleine tragen müssen, solange die Kosten nicht die Summe von 1 Taler überschreiten.

Wurden zunächst noch Wohnungen im Danckelmannschen Palais an Amtsträger vermietet, änderte sich dies, als Lingen 1811 unter französische Verwaltung kam. Die französische Justizverwaltung beanspruchte alle Etagen und richtet dort Gericht ein. Von da an bis in heutige Zeit dient das Gebäude an der Burgstraße als Amtsgericht.

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