Archivalie des Monats August 2011

von Dr. Stephan Schwenke

Lingen lag von altes her schon an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt. Bereits im 16. Jahrhundert ließ deshalb Kaiser Karl V. ein kaiserliches Postamt errichten, das Lingen mit Brüssel, dem Sitz der kaiserlichen Verwaltung verband. Aufgabe der Post war nicht nur die Güterbeförderung, sondern der gesamte Reiseverkehr wurde, bis die Eisenbahn in diese Phalanx einbrach, von den Postkutschen übernommen. Laut Hannoverscher Postverordnung von 1682 wurden den „vornehmen Gästen“ die besten Plätze in der Kutsche eingeräumt. Über die Vergabe dieser Plätze entschied aber letztlich der Postillon, dessen Grobheit sprichwörtlich war. Es kam häufiger vor, dass sich Passagiere über Art und Weise des Transportes beschwerten. So auch der Engländer Daniel Pilckington, der 1753 aus Zwolle kommend, in Lingen mit der Postkutsche weiter nach Bremen fahren wollte. Der Postillon Lucas Hanecken war für den Fahrpreis von 16 Gulden bereit, den Passagier zu transportieren. Die Fahrt endete aber bereits in Löningen, wo man den Passagier kurzer Hand mitsamt seinem Gepäck auslud. Dieses Verfahren warf natürlich kein gutes Licht auf den Postbetrieb in Lingen. Deshalb sah sich die königliche Regierung veranlasst, die Stadt darauf hin zu weisen, dass „ auf solche Weise die Passagiere, wenn sie nicht gehörig weiter geschafft, und von den Fuhrleuthen chicaniret werden, genöthigt werden dürfften, sich anderer Routen zu bedienen.“ Um dies zu verhindern, sollte die Stadt ihre Fuhrknecht darauf hin weisen, dass sie“ die Passagiere (…) nicht mit enormen Fuhrkosten“ belasten, sondern ihre Aufgabe mit dem nötigen Respekt versehen, „damit durch ihr übeles betragen die Route durch Lingen nicht in übelen Ruff gesetzet werden möge.“

 

Kaiserliches Postamt an der Marienstraße

Erstes Postgebäude war das Kobertsche Haus am Markt, heute Alte Posthalterei, mit den Stallungen für die Pferde im Hinterhof. 1878 erhielt die Lingener Poststation den Rang eines Kaiserlichen Postamtes. Man errichtete noch im gleichen Jahr ein größeres Postamtsgebäude an der Marienstraße, das bis zur Errichtung des neuen Postamtes 1969 genutzt wurde. Den Postkutschenverkehr betrieb man im Emsland bis Anfang des 20. Jahrhunderts, dann löste ihn die Eisenbahn ab. Die letzte Postkutsche Neuenhaus nach Lingen fuhr am 31. Dezember 1909.

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