Archivalie des Monats Mai 2009

von Dr. Stephan Schwenke

Der politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel im 19. Jahrhundert führte dazu, dass zahlreiche Vereine und Verbände zu allen möglichen Zwecken ins Leben gerufen wurden. Die Gründung solcher Vereine stand jedem Bürger frei, die Statuten aber mussten der lokalen Obrigkeit zur Prüfung vorgelegt werden. Das war auch in Lingen nicht anders und deshalb finden sich im Stadtarchiv umfangreiche Bestände zur Geschichte Lingener Vereine im 19. und 20. Jahrhundert. Einer der ältesten Vereine ist der Enthaltsamkeitsverein, der 1840 gegründet wurde, und dessen Statuten hier kurz vorgestellt werden.

 

Die Statuten

Die Statuten des „Enthaltsamkeits-Vereins für die Stadt Lingen“, beraten und beschlossen in der ersten Versammlung am 7. April 1840, umfassen insgesamt 12 Artikel, die über den Zweck und die Ziele Auskunft geben. Gleich im 1. Artikel wird darauf hingewiesen, dass sich die Mitglieder dazu verpflichteten, keinen Branntwein und sonstige geistigen Getränke zu trinken oder gestatten, dass andere Personen in ihrem Umfeld welche trinken. Der Beitritt in den Enthaltsamkeits-Verein war jedem gestattet, vorausgesetzt, er war vom Anliegen des Vereins vollkommen überzeugt. Aber „der Verein hatte das Recht, jedes eingeschriebene Mitglied, das das Enthaltsamkeitsversprechen bricht, als unwürdig aus seiner Gemeinschaft auszuschließen.“ (Art. 5). Über den Ausschluss entschieden die Mitglieder in einer Generalversammlung durch Stimmenmehrheit. Geleitet wurde der Verein durch einen Vorstand von 3 Mitgliedern. 1840 waren dies der Bürgermeister Dr. Horkel, der Erzpriester Homann und der Oberlehrer Raydt. Dem Vorstand zur Seite standen 8 Vereinsmitgliedern, die zum einen den Vorstand bei der Organisation unterstützten, zum anderen aber aus „zur Ausbreitung (…) und zur Belehrung Anderer vorzugsweise verpflichtet sind.“

Die Branttweinseuche

Jedes Quartal wurde eine Mitgliederversammlung und zum Ende des Jahres eine große Generalversammlung abgehalten, auf der über den Fortgang des Vereins berichtet und ein neuer Vorstand gewählt werden sollte. Abschließend legt Artikel 12 fest, dass sich der Verein von allem fernhalten wird, „wodurch das einmüthige Zusammenwirken für den guten Zweck gemindert werden könnte; namentlich von allen religiösen und politischen Bestrebungen und Streitigkeiten.“

 

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