Archivalie des Monats Juli 2013

von Dr. Stephan Schwenke

In Lingen existierten bereits Ende des 19. Jahrhunderts verschiedene Freibäder, wie die Männer- und Frauenbadeanstalt am Kanal oder die Badeanstalt an der Ems. Wenig später folgte die Warmwasserbadeanstalt, die dem Schlachthof angeschlossen war. Man nutze dabei das im Schlachthof anfallende überschüssige Heißwasser in den Brühkesseln, das für Warm-, Brause- und Dampfbäder zur Verfügung gestellt wurde. Die Badeanstalten wurden rege frequentiert. Zahlen belegen, dass etwa die Warmwasserbadeanstalt 1893 3700 Benutzer verzeichnen konnte. Die Männer- und Frauenbadeanstalt waren bis nach dem 2. Weltkrieg in Betrieb. Das Hochwasser im Februar 1946 richtete in beiden Freibädern große Schäden an, so dass beide aufgegeben werden mussten. Die Warmwasserbadeanstalt schloss bereits 1935. Als einzige Badeanstalt blieb die vielen Lingenern noch bekannte Militärbadeanstalt, die im Zuge des Baus der Scharnhorstkaserne errichtet worden war. Die „Mili“ durfte ab 1948 von der Bevölkerung mitgenutzt werden und erfreute sich vor allem in den Sommermonaten große Beliebtheit.

 

Aus dem Hallenbad wird ein Kino

Um den Schwimmsport auch im Winter ausüben zu können, war man aber auf auswärtige Hallenbäder angewiesen. Um diesem Missstand zu begegnen und das Sportstättenangebot der Stadt sinnvoll zu ergänzen, beschloss der Rat der Stadt Lingen am 14. November 1963 den Bau eines Hallenbades. Als Standort wählte man das städtische Grundstück an der Wilhelmshöhe zwischen Waldstraße und Nordring. Auf dem Gelände des ehemaligen Sportplatzes war ausreichend Platz für das Bad und einer „attraktiven Grünfläche, die den erholungssuchenden Bürgern zugänglich ist.“ Der erste Spatenstich für das zweigeschossige Gebäude erfolgte am 17. November 1964, der Grundstein wurde am 30. Januar 1965 gelegt. Am 9. Juli 1965 konnte Richtfest gefeiert werden. Im Eingangsbereich befanden sich ein Vereinsraum und ein Dusch- und Wannenbade mit Warteraum. Eine Zugangstreppe führte in Obergeschoss, wo sich zwei Sammelumkleidekabinen und 20 Wechselkabinen mit insgesamt 170 Garderobenschränken befanden. Der „Barfußgang“ führte durch die Duschen zum Schwimmbad. Das Schwimmbecken war 10 * 25 Meter groß, hatte vier Bahnen, ein 1-m-Sprungbrett und einen 3-m-Sprungturm. Die reinen Baukosten lagen bei 1,7 Millionen DM. „Allen Bürgern der Stadt Lingen und der Umlandgemeinden (…) wird Gelegenheit gegeben, sich hier zu erholen und Sport zu treiben. Von diesem Angebot sollte reichlich Gebrauch gemacht werden.“

Heute steht an Stelle des ersten Lingener Hallenbades das Cineplex-Kino.

Quellen und Literatur:
Stadtarchiv Lingen, Dep. 29b, Nr. 4074, Die Männer- und Frauenbadeanstalt 1878-1925;
Stadtarchiv Lingen, Dep. 29b, Nr. 4075, Die Warmbadeanstalt, 1893-1921;
Beiträge zur Chronik der Stadt Lingen aus den Jahren 1860 bis 1880 des Bürgermeisters W. von Beesten, Lingen 1880 (Nachdruck);
Hallenbad Lingen (Ems), hrsg. von der Stadt Lingen, Lingen 1966.

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