Archivalie des Monats November
von Dr. Stephan Schwenke
Die Reformation wurde in der Grafschaft Lingen 1541 durch Konrad von Tecklenburg eingeführt. Der ständige Herrschaftswechsel im 17. Jahrhundert führte aber dazu, dass auch die offizielle Konfession stets mitwechselte. Oranier und Spanier prägten das religiöse Bekenntnis und versuchten die jeweils andere Konfession zu unterdrücken. Unter den Oraniern wurden Ende des 17. Jahrhunderts katholische Kirchen beschlagnahmt und die Ausübung katholischer Gottesdienste war verboten. Diese wurden erst wieder 1717, mit Übernahme der Landesherrschaft durch Preußen, wieder erlaubten.
Eines der ältesten Gebäude der Stadt Lingen
Die reformierte Kirche in der Kirchstraße ist eines der ältesten Gebäude der Stadt Lingen. Der noch erhaltene Turm stammt schätzungsweise aus dem 13. Jahrhundert und gehörte wohl zum Vorgängerbau, der Martinikirche. Im 16. Jahrhundert ist der Kirchenbau bis auf den Turm verfallen. Ein Fachwerkbau wird an den alten Turm gesetzt und bis Anfang des 18. Jahrhunderts genutzt. Erst 1720, unter preußischer Herrschaft, wurden Überlegungen zum Aus– bzw. Umbau des Gebäudes angestrengt. Im November 1747 erteilte die reformierte Gemeinde dem Regierungsdirektor Pontanus aus Lingen den Auftrag, den baulichen Erhaltungszustand der Kirche zu überprüfen. Dieser unterzog zusammen mit den ortsansässigen Zimmerleuten Overhausen und Hopmann dem Bau eine eingehende Visitation. Das Urteil war teilweise vernichtend. So war das Gewölbe wo die Orgel stand so schadhaft, dass es ständig durchregnete. Das Mauerwerk des Turmes schien so desolat, dass „Reparationen vergeblich sein dörfften.“ Noch schlimmer sah es mit dem Fachwerkbau aus. Die beiden Zimmermeister versicherten, dass durch Reparatur „gahr viele kosten erfordern werde und dennoch könnte dadurch die kirche in völligem guten Stande nicht gesetzt werden. Es bestunde die kirche (…) auß lauter Flickwerk, weßhalb zu besorgen, dass wenn das gebäude nur etwas gerühret würde, das gantze werck übern hauffen gehe und fallen möchte.“
Ein Neubau wurde diskutiert, letztlich aber aus Kostengründen verworfen. Man entschied sich letztlich dafür, Turm und Chor beizubehalten und ein neues Langhaus dazwischen zu setzten. Wie die Inneneinrichtung aussah, lässt sich anhand eines Planes zur Vergabe der Kirchenbänke ersehen.