Archivalie des Monats März 2012

von Dr. Stephan Schwenke

Feuer stellte für die Menschen stets eine besondere Gefahr dar. Offene Feuerstellen fand man früher in jedem Haus vor, da sie für das Heizen, das Zubereiten von Mahlzeiten und als Lichtquellen dienten. Zusätzlich wurde in handwerklichen Betrieben Feuer ständig in großem Umfang verwendet.
Um die Gefahr eines Brandes in den auf engstem Raum untergebrachten Fachwerkhäusern, Stallungen und Werkstätten zu verhindern, wurde bereits schon kurz nach der Stadtrechtserteilung an Lingen 1328 Überlegungen zum Feuerlöschwesen angestellt. Verhindern konnten sie Zerstörungen aber nicht. Durch die zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen und Feuersbrünste im 14. und 15. Jahrhundert sind Urkunden und Aufzeichnungen aus dieser Zeit kaum überliefert. Die größte Feuerkatastrophe erlebte Lingen 1548, als ein verheerender Stadtbrand fast alle Gebäude innerhalb der Mauern, außer dem Turm der reformierten Kirche, zerstörte. Um ein solches Unglück für die Zukunft zu vermeiden, ging man daran, die männliche Einwohnerschaft in nach Straßen unterteilte sogenannte Rotten einzuteilen, der Hauptaufgabe neben den Wachdiensten vor allem der Feuerlöschdienst war.

 

Feuer-Polizei-Ordnung wird erlassen

Eine erste Feuerverordnung für die Stadt Lingen ist aus dem Jahre 1725 überliefert, die in den folgenden Jahren immer wieder erneuert und verbessert wurde. Doch den Ausbruch von Feuer konnte man nicht verhindern. Zwischen 1860 und 1880 brannten in der Stadt über 60 Häuser ab. In einer Statistik wurden die Brandschäden notiert und der Immobilienschaden errechnet. So bezifferte man den Immobilienschaden für Stall und Wohnhaus des Büchsenmachers Schröder, die 1863 niederbrannten, auf über 1000 Taler. Ursache für die vielen Brände in der Stadt war nach wie vor die wenig feuersichere Bauart mancher Gebäude. Aus diesem Grund wurde nach einer eingehenden Prüfung der bestehenden Verhältnisse von den Gremien der Stadt eine neue, umfassende Feuer-Polizei-Ordnung erlassen. Um den Hausbesitzern genug Zeit für die baulichen Veränderungen zu geben, wurde für die wesentlichen Bestimmungen eine Ausführungsfrist von 10 Jahren eingeräumt.

Das Spritzenhaus stand an der Marienstraße

Das Feuerlöschwesen, das durch Verordnung vom 3. November 1865 geregelt war, hatte sich bewährt, so dass man keinen großen Änderungsbedarf sah. Probleme sah man aber bei den Feuerlöschgeräten, die beim Brand von 1863 versagt hatten. Hier waren Verbesserungen und Ergänzungen dringend notwendig. Neu angeschafft wurden deshalb zwei Wasserzubringer, die gleichzeitig als Spritzen verwendet werden konnten. Neben den hölzernen Wassertonnen kaufte man eiserne auf Rädern ruhende Wasserbehälter und vermehrte den Bestand an Feuereimern, Schläuchen und Feuerhaken. Zu Abhilfe des Wassermangels wurde auf dem Marktplatz ein 12 Fuß tiefer Brunnen gegraben.

Das Spritzenhaus stand erst an der Marienstraße, wurde aber 1895 wegen der Straßenverbreiterung abgerissen. Als vorläufigen Ersatz mietete die Stadt eine Scheune an der lutherischen Kirche an. 1899 wurde auf der Bleiche mit dem Bau des Steigerturms begonnen, der im August des gleichen Jahres noch eingeweiht werden konnte. 1929 musste man aber wieder umziehen. Eine neue Bleibe fand die Feuerwehr zunächst an der Hafenstraße hinter dem städtischen Bauhof, bis 1958 schließlich auf dem Gelände der ehemaligen Kerckhoffschen Karpfenteiche an der Bäumerstraße das neue Feuerwehrhaus entstand.

Quelle:
Stadtarchiv Lingen Dep. 29b, Nr. 3109, Feuerlöschordnung für Lingen 1866-1882;
Beiträge zur Chronik der Stadt Lingen aus den Jahren 1860 bis 1880, Lingen 1880;
125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Ortsfeuerwehr Lingen (Ems). Historische und aktuelle Entwicklung des Brandschutzes der Stadt Lingen (Ems), hrsg. von K.-H. Schwarz, Lingen 1991.

 

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