Archivalie des Monats Juni 2011

von Dr. Stephan Schwenke

Der Rudersport ist bereits seit der Antike bekannt. Die ersten Regeln kamen, wie sollte es auch anders sein, aus England. 1715 wurde dort der erste Ruderwettkampf ausgeschrieben, die erste Regatta fand 1775 auf der Themse statt. Die bekannteste Regatta auf der Themse, der Zweikampf zwischen den Achtern der Universitäten von Cambridge und Oxford, findet seit 1829 statt. In Deutschland wurde 1836 in Hamburg der erste Ruderclub gegründet und 1844 die erste deutsche Regatta durchgeführt. Seit 1896 ist Rudern olympisch.

Auch in Lingen wird, bedingt durch die guten Voraussetzungen des Dortmund-Ems.Kanals, schon lange Rudersport betrieben. 1880 gründete sich mit dem Gymnasial-Turn- und Ruderverein, kurz GTRV, der erste Rudersportverein, der aber zunächst nur reiner Turnverein war. Erst 1895 erweiterte man den Schülerturnverein zum Turn- und Ruderverein. Mit Unterstützung des damaligen Bürgermeisters Johannes Meyer wurde das erste Ruderboot, ein Vierer, angeschafft und der Bau eines Bootsschuppens am Neuen Hafen bewilligt. In den folgenden Jahren entwickelt sich der Rudersport in Lingen stetig weiter, Höhepunkte sind stets die Wanderfahrten und natürlich jährlich durchgeführte Regatta gewesen.

R U D E R N   S E I T   1 8 9 5   I M   G R T V 

Das wirtschaftlicher Aufschwung und sportliche Betätigung nicht immer in Einklang zu bringen sind, zeigte sich 1902. Lingen war seit 1856 durch die Eisenbahn an die großen Wirtschaftsräume angeschlossen. Mit Eröffnung der Kleinbahn Lingen-Berge-Quakenbrück 1904 wurde nun auch der ländliche Raum erschlossen.

In Lingen plante man, auch das Gelände am Neuen Hafen an das Kleinbahnnetz anzubinden. Vom Kleinbahnhof sollte deshalb eine Stichstrecke an den Kanal gebaut werden. Diese neue Gleisverbindung hätte genau durch den Bootsschuppen des GTRV geführt. Das Bootshaus sollte deshalb um 10 Meter nach hinten versetzt werden. Gegen diese Planung legte der Verein sogleich Beschwerde ein: „Hierdurch würde unserer Einrichtung großen Schaden erleiden, denn schon jetzt ist es stets mit großen Schwierigkeiten verbunden, die Boote (…) vom Wasser in das Bootshaus zu bringen.“ Schäden an den Booten oder Unfälle seien nicht auszuschließen. Da aber gleichzeitig der zweckmäßige Betrieb der Kleinbahn gewährleistet sein musste, einigte man sich nach längeren Verhandlungen auf einen Kompromiss. Der GTRV stimmte der Versetzung des Bootshauses zu, die Kleinbahn GmbH übernahm die Kosten dafür und der Magistrat der Stadt Lingen bewilligte Material und Gelder, um eine „geeignete Transporteinrichtung zur Fortbewegung (…) der Boote vom Hause ins Wasser“ zu bauen und dem Ruderverein zur Verfügung zu stellen.

Der Rudersport entwickelte sich in den folgenden Jahren stetig und das Interesse an dem Sport stieg. In den 1920er Jahren gründeten sich deshalb zwei neue Rudervereine. 1923 der Lingener Ruderverein (LRG), der sein Bootshaus neben dem Alten Friedhof auf dem Gelände der ehemaligen Fischteichen an der Frauenbadeanstalt errichtete, und 1927 der Eisenbahnersportverein (ESV), der sein erstes Bootshaus am Schiffswendeplatz nahe Darme hatte, später an die Jahnstraße umzog.

 

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