Archivalie des Monats Oktober
von Dr. Stephan Schwenke
Zur Versorgung der Armen und Pflegebedürftigen wurden bereits im Mittelalter mildtätige Stiftungen eingerichtet. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts entstand auch in Lingen als bürgerliche Stiftung an der Straße nach Meppen ein solches „Gasthaus“, das St. Antonius Gasthaus.
Laut Stiftungsstatuten hatten 7 Personen das Recht, als Begünstigte aufgenommen zu werden. Vorbedingungen dafür waren:die betreffenden Personen mussten Angehörige der römisch-katholischen Kirche sein,sie mussten über 60 Jahre als sein. Ausnahmen wurden bei Witwen städtischer Angestellter gemacht.Ehrbarkeit des Lebenswandels.Die Aufnahme in das Gasthaus erfolgte, nach vorheriger Anhörung durch den Pfarrer, durch Beschluss des Magistrates. Jeder Begünstigte hatte Anspruch auf freie Wohnung im Gasthaus, einen Anteil am Garten, freie Feuerung (d.h. für alle Bewohner des Hauses jährlich 20 Fuder Torf), eine jährliche Zuwendung von 120 Mark, 20 Mark aus der städtischen Armenkasse und ein Weihnachtsgeschenk im Wert von 2 Mark 50 Pfennig.
Mit dem Eintritt in das St. Antonius Gasthaus waren für die Begünstigten aber auch verschiedenen Pflichten verbunden. Wer freie Wohnung im Gasthaus nahm, musste etwa den Totengräber bei der Beaufsichtigung des angrenzenden Kirchhofs unterstützen und auch bei der Reinhaltung der Wege helfen.
Ihre Ausgaben bestritt die Stiftung aus der sogenannten Gasthaus-Kasse, die von einem vom Magistrat der Stadt Lingen eingesetzten Rendanten verwaltet wurde. Dorthin flossen auch die Einnahmen aus Verpachtungen, gehörten doch noch zwei Gartengrundstücke zum Stiftungsbesitz. Die Pachtsumme lag bei 12 Gulden im Jahr, die immer am St. Gertrudis Tag (17. März) zu zahlen war. Der Pächter hatte die „cordierende heuer Gelder prompte ohne die geringste Abkürtzung“ zu bezahlen und musste sich verpflichten, den Garten und die Hecken in Ordnung zu halten. Die Verpachtung lief zunächst auf 6 Jahre.
1749 fand sich kein Pächter, was auch daran lag, dass der Garten im schlechten Zustand war und viel Mühe und vor allem Geld in seine Instandsetzung fließen musste. Schließlich fand sich der Silberschmied Mey bereit, den Garten zu pachten. Er bot aber nur 8 Gulden als jährliche Abgabe und wollte das Grundstück auch nur für 3 Jahre pachten. Nach längerer Bedenkzeit und nach drei weiteren Ausschreibungen, bei denen sich keine weitern Interessenten fanden, willigte der Magistrat der Stadt Lingen schließlich in den neuen Pachtvertrag ein.