von Dr. Ludwig Remling

Der ursprüngliche Siedlungsschwerpunkt im Raum Lingen lag im heutigen Altenlingen. Der Bischof von Osnabrück besaß dort vor der Jahrtausendwende in der Nähe eines Emsübergangs eine Grundherrschaft. Was diesen Ort interessant machte, war seine Lage im überörtlichen Verkehrsnetz. Von Jütland herkommend überquerte hier die Flämische Straße die Ems. Sie traf dabei auf die Friesische Straße, die dem Fluß folgend Westfalen mit der Nordseeküste verband. Hinzu kam der Verkehr auf der Ems. Diese war das ganze Mittelalter hindurch mindestens bis Meppen, häufig auch bis Rheine schiffbar.

Im Jahre 975 trug Bischof Liudolf von Osnabrück dem mit ihm verwandten Kaiser Otto II. seinen Grundbesitz in Lingen zu Lehen auf in der darüber ausgestellten Urkunde wird der Name Lingen (Liinga) erstmals erwähnt.

Unter Kaiser Lothar III. (1125 – 1137) wurden die Grafen von Tecklenburg im Raum Lingen Nachbarn des Bischofs von Osnabrück. Sie zogen sich jedoch schon bald aus der Furtsiedlung zurück und gründeten 2,5 km flußaufwärts auf dem hochwasserfreien Plateau zwischen Mühlenbach und Ems, wo sie ebenfalls einen Hof besaßen, eine neue Siedlung, auf die der Name Lingen überging. Im Jahre 1150 war diese Entwicklung zu einem gewissen Abschluß gelangt. Die Tecklenburger verkauften in diesem Jahr ihren Hof in der nun Altenlingen genannten Furtsiedlung an den Bischof von Osnabrück. Gleichzeitig mit der Gründung und dem Ausbau der neuen, besser zu verteidigenden Siedlung muß auch die Verlegung des Emsübergangs 4 km flußaufwärts erfolgt sein.

Etwa 1225 plante Graf Otto offensichtlich, das neue Lingen zur Stadt auszubauen. Im Jahre 1227 vereinbarten die gegen ihn verbündeten Bischöfe von Köln und Osnabrück, daß sie nach einem Sieg über den Grafen von Tecklenburg die Einkünfte aus Zoll, Münze und Gericht in Lingen teilen wollten, gleichgültig ob das Dorf Lingen von ihnen zur Stadt gemacht werde oder in seinem jetzigen Zustand verbleibe. Lingen besaß damals also, obwohl es noch Dorf (villa) genannt wurde, bereits städtische Qualitäten. Zu unterscheiden sind zwei Siedlungskerne: die vorstädtische Siedlung in der Nähe der Ems und der südöstlich davon gelegene, wohl burgähnlich befestigte Haupthof. Zu der geplanten Stadtgründung durch die beiden Bündnispartner kam es jedoch nicht. Die Tecklenburger arrangierten sich schon bald mit ihren Gegnern und beließen Lingen in seinem vorstädtischen Zustand.
Erst mit Beginn des 14. Jahrhunderts mehren sich die Anzeichen für eine Weiterentwicklung Lingens zur Stadt. Die Urkunden berichten von einem Markt in Lingen und Lingener Maß. Die Grafen von Osnabrück stellen auswärtigen Kaufleuten Geleitsbriefe für einen ungehinderten Besuch der beiden Lingener Jahrmärkte (1. Mai und 21. Oktober) aus. Im Jahre 1314 war das Lingener Marktrecht Vorbild für den neu eingerichteten Markt in Friesoythe. Parallel dazu erfolgte der Ausbau zum Verwaltungsmittelpunkt. Darauf weist die erste Erwähnung von Lingener Burgmannen (1320) und eines Amtes Lingen (1322) hin.

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