Aktion des Heimatvereins war ein voller Erfolg

Kaum zu glauben, aber die ältesten Gebetbücher in emsländischem Familienbesitz sind schon fast 400 Jahre alt. Und mehr oder weniger prunkvolle Einzelstücke aus Großmutters Zeiten sind noch in sehr vielen Familien erhalten. Das ergab jetzt die große Erfassungsaktion alter Gebetbücher des Heimatvereins Lingen im Emslandmuseum. Die meisten der eingereichten alten Bücher stammen jedoch nicht aus der Stadt Lingen, sondern von Bauernhöfen und aus Haushalten in den Lingener Ortsteilen und den Gemeinden im Umland.

Rund 70 Personen und Familien sind dem Aufruf des Heimatvereins gefolgt und brachten in den vergangenen Tagen alte Gebetbücher in das Museum. Zeitweise kamen die Heimatfreunde mit der Registrierung der Stücke kaum nach, zumal zu vielen Büchern auch interessante Geschichten mitgeteilt wurden. Fast unüberschaubar ist der Bestand aus vier Jahrhunderten. Neben vielen katholischen Haus- und Handpostillen finden sich darunter auch etliche evangelische Gebets- und Erbauungsbücher. Lutherbibeln wurden ebenso eingereicht wie katholische Bibelübersetzungen.

Ein sog. Grummelbook aus dem Jahre 1625

Aus dem Jahre 1625 stammt etwa ein Gebetbuch des Jesuitenpaters Friedrich von Spee, das Leo Mönnich aus Elbergen eingereicht hat. Es diente auf dem Bauernhof seiner Familie einst als „Grummelbook“ (Grummel = Gewitter). Man an holte es bei aufziehendem Gewitter hervor und betete eifrig daraus, bis Blitz und Donner vorüber waren. Andere Gebetbücher wurden bei Krankheiten und Unglück zu Rate gezogen und nicht wenige stammen aus den Kriegszeiten im 19. und 20. Jahrhundert. Franz Kottebernds aus Messingen steuerte ein Gebetbuch in niederländischer Sprache bei, das seit dem 17. Jahrhundert im Bauernhaus Kottebernds aufbewahrt wird.

Erinnerungsstücke wie ein Schatz gehütet

Zahlreiche alte Gebetbücher blieben als Erinnerungsstücke an Kommunion, Konfirmation und Hochzeit erhalten. Diese Erinnerungsbücher wurden häufig wie ein Schatz gehütet und zeigen kaum Gebrauchsspuren. Andere Einbände hingegen wurden durch häufigen Gebrauch regelrecht „zerbetet“. Frömmigkeit und Fleiß galten einst nicht nur im Emsland als „Kardinaltugenden “. Das Küchentuch im Hintergrund und das Gebetbuch in der Hand bei Anna Schrader, geb. Wöste (1852 bis 1937).

Einige Exemplare haben schon eine lange Reise über den „großen Teich“ hinter sich und wurden von emsländischen Auswanderern aus Amerika in die Heimat geschickt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelanten mit den Flüchtlingen und Vertriebenen auch viele ostdeutsche Gebetbücher in das Emsland. Die überwiegenden Anzahl der Bücher befindet sich jedoch seit Jahrhunderten in Häusern oder Familien im Emsland. Sie sind in dieser Zeit über den Weg bis zum sonntäglichen Gottesdienst in der örtlichen Pfarrkirche wohl selten hinaus gekommen.

Genau registriert und untersucht

In den kommenden Wochen werden die eingereichten Bücher genau registriert und untersucht. Von März bis Mai 2010 präsentiert der Heimatverein dann im Emslandmuseum eine Auswahl der Bücher im Rahmen einer Ausstellung. Anfang Juni kehren schließlich alle Gebetbücher zu ihren Eigentümern zurück. Einige der Bände, ihre Geschichte und ihre Besitzer wird die Lingener Tagespost in den kommenden Wochen noch genauer vorstellen.

Teilnehmer der Aktion sollten laut der Heimatvereinsvorsitzenden Johanna Rickling ein Blatt mit Namen und Adresse in das Gebetbuch einlegen – und an einem der beiden Tage in die Burgstraße 28b kommen. Nähere Infos im Museum unter Tel. 0591/47601.

Fotos: Emslandmuseum

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